Miteinander schlafen. Noch gruseliger: Beischlaf. Wer hat sich das bitte ausgedacht? Wo ist hier der Verbraucherschutz, der wegen dieser irreführenden Bezeichnung auf die Barrikaden geht? Es mag detailverliebt klingen, aber ist es nicht wirklich verdächtig, dass wir dem Thema einen so schläfrigen Titel verpassen?
In der Werbung arbeiten wir bewusst damit, assoziative Netzwerke im Gehirn zu aktivieren. Marken sollen mit schönen Bildern und Emotionen verbunden werden, die bereits im Kopf abgespeichert sind. Deswegen saufen die Menschen im Bacardi-Werbespot am Strand, nicht im Plattenbau. Höre ich den Markennamen, denke ich an Urlaub. Das schöne Gefühl kommt, zuerst im Kopf, dann ins Glas. So die Idee.
Um den Schlaumeier-Einstieg in das Thema komplett zu machen, müssen wir noch die selbsterfüllende Prophezeiung hinzuziehen. Noch so eine – nützliche wie schädliche – Eigenart unseres Kopfes. Unsere Erwartungen haben einen Einfluss auf das Geschehen. Nicht zu verwechseln mit Zauberkraft. Wenn wir zum Beispiel feste daran glauben, einen Marathon zu schaffen, ist es wahrscheinlicher konsequent daraufhin zu trainieren.
Zurück ins Schlafzimmer. Hier wirkt offenbar das Gegenteil ganz gut: die selbstzerstörende Prophezeiung. Männer empfinden 65 Prozent ihrer sexuellen Wünsche als nicht erfüllt, Frauen 56 Prozent. Im Alter zwischen 36 und 55 Jahren haben 17 Prozent ein sehr erfülltes Sexualleben (Quelle: Statista). Na dann: gute Nacht!
Mehr Statistiken findest Du bei Statista
Unbefriedigende Zahlen. Da herrscht scheinbar gähnende Langeweile bei einem Großteil der Bevölkerung. So gesehen sind die Schlafbegriffe also nachträglich korrekt (erfüllt). Auch wenn ich Statistiken an sich ziemlich unsexy finde, muss ich noch eine anfügen, die vielleicht etwas Licht ins Dunkel der unbeleuchteten Schlafzimmer bringen:
Mehr Statistiken findest Du bei Statista
„Angst“, „schwieriges Thema“, „schwer in Worte fassen“ oder „Wenn man zu viel über Sex spricht, verliert er an Reiz“ – hier offenbaren sich dann also die Glaubenssätze, die sich in den Dienst der Prophezeiung stellen.
Jetzt die gute Nachricht. Wir können uns updaten. Wir können das Thema für uns selbst mit neuen Bildern, Gedanken und Einstellungen verbinden. Wir können Glaubenssätze und Überzeugungen aufräumen. Gegenmittel: Mut, Offenheit, Vertrauen, Toleranz oder kurz: miteinander über Sex reden. Es ist wichtig, die Überzeugungen, Muster und auch die Bezeichnungen mal zu hinterfragen. Das rüttelt wach.
Sex erfüllt so viele Funktionen. Er holt uns ins Jetzt, bringt uns ins Fühlen, verbindet uns miteinander, treibt uns an, sorgt für emotionale Hygiene in Beziehungen, ist Ausdruck von Kreativität und erschafft natürlich auch neues Leben. Die Liste ist unendlich. Eine gut gelebte Sexualität bietet einen geschützten Raum für wilde Phantasien oder einfachste Bedürfnisse. Hier können Träume ausgemalt werden, die unser Unterbewusstsein sonst nur im Schlaf zeichnet.
PS: Aquarelle-Scribble auf Zeitungspapier – von mir (gemalt!)
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