Die Supermarktregale sind voll, die Varianten möglicher Ausbildungs-/Studiengänge schier unendlich und auch bei der Partnersuche können wir uns per App durch die ganzen Möglichkeiten „wischen“. Kein Wunder, dass wir selektieren müssen und Psychologen uns mit dem heißen Tipp therapieren: Lerne Nein zu sagen! Das Nein-Sagen sei also die hohe Kunst der Selbstbestimmung.
Verstehe mich nicht falsch, es ist auch wichtig. Ein klares Nein gilt es aussprechen zu können, ebenso auch zu akzeptieren. Die aktuelle Sexismusdebatte verdeutlicht das drastisch. Dabei wird zudem klar, welche großen Schwierigkeiten Sender und Empfänger mit der Aussprache und Deutung klarer Botschaften haben. Aus diesem Blinkwinkel ist es wichtig, dass wir unzählige Blog-Beiträge und Beratungsliteratur finden, die Tipps zum Nein-Sagen vermitteln. Gerne wird es auch im Zusammenhang der beruflichen Überforderung geraten: „Du musst einfach Nein-Sagen lernen, damit Du nicht ausgenutzt wirst!“. Auch das ist natürlich nicht falsch.
Doch wir könnten den Spieß auch rumdrehen bzw. um einen Aspekt bereichern. Ein klares Ja kann auch eine eindeutig Botschaft senden – an der richtigen Stelle eben. Und oft scheint es mir, als wäre wir im Ja-Sagen deutlich ungeübter und nutzen unser Potenzial damit nicht voll aus.
Wir alle sagen Nein zur Massentierhaltung, ekeln uns vor Bildern von Küken in Sortiermaschinen und abartigen Tiertransporten. Die Konsequenz muss folglich auch ein möglichst konsequentes Ja zu Alternativen sein. Gute Produkte aus verantwortungsvollen Betrieben. Dafür müssen wir dann halt unsere Gewohnheiten verändern und so Ja zu den logischerweise teureren Produkten sagen.
Wir sagen Nein zu schlechten Bedingungen an Arbeitsplätzen, streiken gar, wenn es uns zu bunt wird. Doch auf Dauer werden wir die Verantwortung für die (für uns) richtige Arbeit übernehmen müssen. Das Ja zu einem erfüllenden Beruf mit der Akzeptanz aller guten und schlechten Seiten dieser Tätigkeit, wird zur erfolgreichen Mischung.
Wir sagen Nein zum Alleinsein, wollen geliebt werden und lieben, tun uns aber mit festen Beziehungen schwer. Ein verbindliches Ja ist aber eine unpopuläre Entscheidung, würden wir doch so viel verpassen. Auch die Liebe braucht ein Ja mit der Akzeptanz aller Seiten des Partners.
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